Chişinău. Die Republik Moldau war noch nie ein Land etablierter Protestkultur. Seit Kriegsbeginn befindet sich das Land im Ausnahmezustand, was das Protestieren noch schwieriger macht.

Moldauische Aktivist:innen versammeln sich dennoch seit dem 24. Februar täglich vor der russischen Botschaft in der Hauptstadt Chişinău und werden bei ihrem Protest lautstark von vorbeifahrenden, hupenden Autos unterstützt. Diese Protestform lässt einerseits die russische Botschaft tagtäglich hören, dass Menschen den Krieg ablehnen, und andererseits ermutigt es die nicht so protestfreudigen Moldauer:innen, ihre Meinung niederschwellig kundzutun, so Elena (29).

 „Sometimes, we still have to encourage the people to honk their horn. Most of them do so after cheering them up one or two times.“

Elena

Manch eine:r schließt sich dem Protest auch kurzer Hand an. So zum Beispiel Vadim (26), der die Protestierenden vom Trolley Bus aus sah und nun selbst seit mehreren Wochen vor der Botschaft protestiert. Oder Julia (31), die mit ihrer Tochter vor einem Monat aus Kyiv geflohen ist und sich bis dahin nicht vorgestellt hatte, jemals Moldau zu „besuchen“.

„I knew that Moldova exists but it was never in my plans to visit one day. The only place I visit frequently in Chişinău is the Russian Ambassy.“

Julia
Proteste vor der Russischen Botschaft.

„If Ukraine falls, we fall. So if I would be the Moldovan prime minister, I would give all our weapons to Ukraine.“

Vadim

Inzwischen sind über 500 Menschen in der Telegram Gruppe, in welcher die Proteste koordiniert werden. Dadurch gelingt es den Aktivist:innen, dass seit nun mehr über 60 Tagen täglich vier Stunden vor der Botschaft protestiert wird, erzählt einer der Initiatoren, Vladimir (25).

„We needed a frame, certain hours, more people and we had to register the protest at the authorities.“

Vladimir

Das Protesthupen wird durch die geschlossenen Fenster der Botschaft sogar im Kreml gehört. In Moskau wurde bereits der moldauische Botschafter beim Außenminister einbestellt und musste sich für das Geschehen rechtfertigen. Jedoch lassen sich die Aktivist:innen von Russland nicht einschüchtern und äußern weiterhin öffentlich ihre Meinung.


„I have this anxiety, but what else can we do? Be quite? No!“

Elena

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26.April 2022